7. Zusammenfassung und Ausblick

Daß die Hochschulen als Großorganisationen mit häufig Tausenden Angestellten und einer noch größeren Zahl Studierenden insgesamt einen gewaltigen Kommunikationsbedarf haben, wurde in Kapitel 2.5 ausführlich dargelegt. Die Situation der Universitäten hat sich in den letzten Jahren kaum verändert, ein wenig positives Image seitens der Gesellschaft und die sich verschlechternde Finanzlage prägen die Rahmenbedingungen des Hochschulwesens. Als Ausweg aus der aktuellen Misere ermittelt, stehen Profilierung und verstärkter Wettbewerb zwischen den Bildungsstätten auf dem Programm. Diese Aufgaben können nur mit Hilfe umfassender kommunikativer Aktivitäten angepackt werden.

Das Internet ist ein junges Medienbündel, dessen Kommunikationsmodi den Kanon der PR-Instrumente wirkungsvoll ergänzen können. Gerade im Bereich der Wissenschaft hat die Nutzung des weltweiten Computernetzwerks schon Tradition, die "scientific community" kommuniziert seit Jahren über das Internet und gestaltet damit den wissenschaftlichen Austausch effizienter. Was liegt also näher, als die Dienste des Internet auch zur Kommunikation mit den Bezugsgruppen im Rahmen der Hochschul-PR einzusetzen. Die technische Infrastruktur ist weitgehend vorhanden, in den Rechenzentren und Informatik-Studiengängen besitzen Universitätsangehörige das notwendige Know-how. Außerdem haftet dem Internet als jüngstem Kandidaten im Mediensystem ganz besonders das Image der Modernität an – und modern wollen sich die Universitäten unbedingt präsentieren. Denn die Tradition von mehreren Hundert Jahren ist in Anbetracht der andauernden und bisher wenig von echter Erneuerung geprägten Reformdiskussionen nicht nur von Vorteil.

Im Rahmen der vorliegenden Studie wurde festgestellt, daß das Internet von den Hochschulen bewußt zur Öffentlichkeitsarbeit eingesetzt wird. Denn dessen Vorteile haben die Pressesprecher überzeugt: schnelle, globale, aktuelle und kostengünstige Möglichkeiten der Information und Kommunikation. Die Aspekte Multimedialität und Interaktivität haben sich dagegen noch nicht als dominante Stärken des Netzes durchgesetzt. Die als Nachteile genannten Stichworte Informationsüberflutung und technische Probleme werden mit der Etablierung des Medienbündels und der Ausbildung von Medienkompetenz relativiert werden. Der erhöhte personelle Aufwand für die Betreuung der auf dem Internet basierenden Angebote erweist sich jedoch als Hemmschuh, da er bislang nicht durch die Erweiterung der Personalausstattung in den Pressestellen aufgefangen wurde. Einmütig betonten die Pressesprecher, daß sie die Funktion des Internet in der Ergänzung der herkömmlichen PR-Arbeit sehen. Als Ersatz einzelner Instrumente taugen die neuen Kommunikationsmodi, nicht zuletzt wegen der insgesamt noch geringen Verbreitung von Internet-Zugängen, nicht. Dennoch sind sie der Auffassung, daß die Bedeutung des Internet weiter zunehmen wird. Zukünftig könnten bestimmte Aktivitäten mehrheitlich ins Netz verlagert werden: beispielsweise wäre es möglich, Presseaussendungen per E-Mail zu realisieren oder multimediale Angebote im World Wide Web den gedruckten Broschüren vorzuziehen.

In der praktischen Anwendung der Kommunikationsmodi des Internet liegen das WWW, E-Mail und die auf E-Mail basierenden Mailinglisten klar in Front. Dabei werden sowohl monologische als auch dialogische Kommunikationsbeziehungen aufgebaut. Deutlich ist die unterschiedliche Nutzung der genannten Dienste: während E-Mail schwerpunktmäßig als Kommunikationsinstrument genutzt wird, dient das World Wide Web der Informationsbereitstellung. Die Angebote im WWW laden bisher kaum zur Kommunikation ein, vielmehr steht die Präsentation und der Abruf von Informationen im Vordergrund. Mailinglisten, allen voran der Service des idw, erfüllen primär die Funktion der Informationsbeschaffung. Festzustellen bleibt daher, daß die dialogische Kommunikation insbesondere mit klar definierten Bezugsgruppen, wie z. B. Medienvertretern oder Universitätsangehörigen, per E-Mail geführt wird. Das World Wide Web spricht ein breiteres Publikum an, dort sind jedoch kommunikative oder interaktive Angebote nur vereinzelt zu finden.

Die Nutzung des Internet ist bisher konzeptionell nur vereinzelt untermauert. Wenn auch Konzeptionen zur Gestaltung der WWW-Seiten und zur Struktur der Websites teilweise vorhanden sind, wurden Kommunikationsstrategien für den Einsatz des Medienbündels bislang kaum erstellt. Daher orientiert sich die Anwendung der Kommunikationsmodi eher an pragmatischen Zielen wie Kostensenkung oder Beschleunigung der Kommunikationsprozesse. Die mangelnden personellen und finanziellen Ressourcen erschweren die forcierte und geplante Verwendung des Internet für die Öffentlichkeitsarbeit der Hochschulen.

Besonders offensichtlich ist dies bei den WWW-Angeboten der Universitäten zu spüren. Im Gesamteindruck häufig text-, manchmal grafikorientiert, dominieren lange Texte, die selten mit Bildern oder grafischen Elementen aufgelockert sind. Multimediale und interaktive Bestandteile sind eher die Ausnahme als die Regel. Doch gerade sie bauen auf den neuen Nutzungsoptionen des World Wide Web auf, schöpfen dessen Potentiale aus und machen damit das junge Medium attraktiv. Die medienadäquate Anwendung erschöpft sich jedoch nicht in einigen Bildern oder Videosequenzen, sondern umfaßt auch mehrsprachige Inhalte, größtmögliche Aktualität und eine ebenso plausible wie interessante Erzählstruktur. Die Möglichkeiten der Hypertextualität, verschiedenste Informationen zu verknüpfen und parallel oder sequentiell auf dem Bildschirm darzustellen, erlauben vielfältige Rezeptionspfade und unterschiedliche Zugänge zu den bereitgestellten Inhalten. Auf den Websites, die im Rahmen dieser Studie untersucht wurden, sind diese Merkmale bisher erst in Anfängen entwickelt. Es herrscht zwar kein Mangel an Inhalten, wohl aber an deren benutzerfreundlichen Aufbereitung.

Zu den Eigengesetzlichkeiten des WWW gehört auch die obligatorische Orientierung der Online-Angebote an den Interessen der Nutzer. Gerade weil hier unzählige Websites nur einen Mausklick entfernt sind, und damit eine Konkurrenzsituation existiert, die in anderen Medien schon aus Platzgründen unmöglich ist, müssen die potentiellen Nutzer und ihre Interessen im Mittelpunkt aller Überlegungen stehen. Diese Nutzerorientierung wird auf den meisten analysierten WWW-Auftritten noch vermißt. Zwar sind Datenbanken für E-Mail und Telefon, Volltextsuche und Lagepläne vielfach vorhanden, aber dies kann nur der Beginn sein. Beispielhaft zeigt das "CampusMedia"-Projekt an der Universität Bremen, daß die Lagepläne zu interaktiven Informationssystemen ausgebaut werden können, die nicht nur die Orientierung auf dem Campus erleichtern, sondern auch über die Räume der Lehrveranstaltungen Auskunft geben und individuelle Stundenpläne ausdrucken können.

Schon auf der Startseite sollten Verweise eingerichtet werden, die bestimmten Bezugsgruppen sofort Zugriff auf sie interessierende Informationen ermöglichen. Beispielsweise für Medienvertreter eignet sich diese Variante, wenn ein "Journalisten-Service" die aktuellen Pressemitteilungen, ein Archiv der älteren Meldungen samt Volltextsuche und ein Foto-Archiv bereithält. E-Mail-Verteiler für Presseinformationen, Mailinglisten zu speziellen Themen und der Verweis auf den Experten-Makler des idw könnten das Angebot abrunden. Selbstverständlich sind hier auch die Publikationen der Hochschule und die Kommunikationsadressen der Mitarbeiter der Pressestelle zu finden. Entsprechend können spezielle Bereiche für Schüler und Studienanfänger, ausländische und ehemalige Studierende eingerichtet werden, in denen die jeweils relevanten Inhalte bereitstehen. An der Ruhr-Universität in Bochum sind hierzu bereits erste Schritte unternommen worden.

Weiterhin sind Navigations- und Hilfesysteme hochgradig für die Benutzerfreundlichkeit der WWW-Angebote verantwortlich. Hier sind klare und plausible Strukturen nötig, um den Nutzern die Orientierung im Online-Angebot zu ermöglichen. Kontextinformationen, d. h. Angaben zum aktuellen Standort, und die Sprungmöglichkeit zur Startseite sind nur zwei Bedingungen für eine übersichtliche Navigationsstruktur. Wenn die Navigationselemente nicht einheitlich und auf allen Seiten der WWW-Präsenz vorhanden sind, verlieren sie an klarheitsstiftender Funktion. Deshalb ist hier eine gewisse Homogenität unabdingbar. Hilfesysteme, die Symbole erläutern und die Navigationsstruktur erklären, sollen auch weniger erfahrene Online-Nutzer zum erfolgreichen Besuch des Website befähigen.

Nicht nur die reine Präsenz von Informationen, sondern auch deren Präsentation beeinflußt den Erfolg, den Nutzen eines WWW-Angebots. Unterhaltenden Elementen kommt zunehmendes Gewicht zu, die Zeit der puren Textinformationen ist abgelaufen. Zwar ist die derzeit noch zu spürende Zurückhaltung beim Einsatz von grafischen Elementen angesichts längerer Ladezeiten verständlich, allerdings ist die durchdachte Verwendung von Grafiken, Buttons und Fotografien für moderne WWW-Auftritte inzwischen Pflicht. Gerade das World Wide Web erlaubt es ohne weiteres, verschiedene Versionen der Website anzubieten: z. B. eine rein textbasierte, eine grafisch gestaltete sowie eine Variante mit multimedialen Effekten. So kann sowohl der schnelle Zugriff auf spezielle Inhalte gewährleistet als auch die unterhaltungsbetonte Selbstdarstellung der Hochschule realisiert werden.

Der Wettbewerb zwischen den Universitäten, der in der aktuellen Diskussion um die Reform des Hochschulwesens vielfältig als Allheilmittel zur Lösung der Probleme gefordert wird, verlangt nach Profilierung und Ausweitung der kommunikativen Aktivitäten. Zur Profilbildung der Hochschulen wird neben den Leistungen auf fachlichem Gebiet auch das Image beitragen, welches die Organisationen von sich zu vermitteln verstehen. Zur wissenschaftlichen Konkurrenz tritt der Wettstreit auf dem kommunikativem Sektor. Wenn das Internet in dem Maße wie bisher an Bedeutung innerhalb des Mediensystems gewinnt, wird es eine wichtige Rolle in diesem kommunikativen Wettbewerb spielen. Derzeit können sich die WWW-Angebote noch Schwächen erlauben, wenn allerdings die Herausforderungen des Wettbewerbs akut werden, wird die Qualität der Websites einigen Einfluß auf die Reputation und damit die Stellung der Universitäten in der Hochschullandschaft haben.